Warum die derzeitige Situation ein Geschenk ist

Warum die derzeitige Situation ein Geschenk ist

Die relativ gute Wirtschaftslage ist kein Grund, an ein „Weiter so“ zu glauben.

Die aktuellen Wirtschaftszahlen für Deutschland sind recht gut. Die relativ gute Stimmung in den Unternehmen sowie die sinkende Arbeitslosigkeit werden als Anzeichen dafür gedeutet, dass die deutsche Wirtschaft trotz Euro- und Schuldenkrise in Europa schwarze Zahlen schreibt. Sie gilt als „sicherer Hafen“ und „europäische Wirtschaftslokomotive“.

Momentaufnahmen sind gefährlich

Dennoch warnen Ökonomen davor, die aktuelle Entwicklung als Anzeichen dafür zu interpretieren, dass die Krise bereits überwunden sei. Die positiven Zahlen seien nicht mehr als eine Momentaufnahme. Angesichts der Situation in den Staatshaushalten Südeuropas, der ebenfalls enormen Schuldenlast fast aller anderen Euro-Staaten und der künstlichen Geldschwemme der Europäischen Zentralbank sei davon auszugehen, dass es noch einige Turbulenzen geben werde. Zudem hätten auch die USA ihre grundlegenden Probleme nicht im Ansatz gelöst. Schon jetzt prognostizieren daher einige Experten wie etwa der Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz, dass sich die Wirtschaft auf eine erneute Rezession zubewege, die sehr ernst werden und die Euro-Krise weiter verschärfen könnte.

Die jetzige Situation ist ein Geschenk, das wir verstehen und unbedingt nutzen sollten. Gleichzeitig ist die Situation aber auch gefährlich: Positive Momentaufnahmen bestärken häufig die Tendenz, an ein „Weiter so“ zu glauben. Die Gefahr ist groß, erneut in die Kurzfristfalle zu tappen. Deshalb halte ich den jetzigen Zeitpunkt für ideal, um Unternehmen noch krisenrobuster zu machen und die Chancen in neuen Märkten und Geschäftsmodellen zu nutzen. Gerade jetzt muss das Kurzfristdenken, zu dem der Mensch durch seine Gehirnstruktur grundsätzlich neigt, durch langfristig orientierte Strategien und Innovationen überwunden werden.

Umdenken, bevor die Krise da ist

Um sich als Unternehmen für künftige Krisen zu wappnen, müssen mit bewährtem Zukunftsmanagement verschiedene Szenarien durchgespielt und Strategien entwickelt werden. Dabei sind drei Szenarien relevant: Das günstigste, wenngleich nicht wahrscheinlichste Szenario ist, dass die Schuldenkrise ohne größere Katastrophen überwunden werden kann. Ohne drastische Maßnahmen dürfte dies allerdings nicht gelingen. Auch das Eintreten einer Phase relativ hoher Inflation sei denkbar. Bedrohlicher und wohl auch wahrscheinlicher ist meiner Meinung nach jedoch das „japanische Szenario“ einer langen deflationären Phase – hierauf sind die wenigsten Menschen mit ihren Geldanlagen und Unternehmen mit ihren Geschäften vorbereitet. Inflation können wir denken, bei Deflation fällt es uns schwer, die Folgen zu verstehen und Gegenmaßnahmen zu entwickeln.

Unabhängig davon, welches der Szenarien tatsächlich eintreten wird, halte ich neben der Krisenvorsorge die Erschließung von Zukunftsmärkten und die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle für unerlässlich. Es ist also Zukunftsmanagement gefordert. Dies muss jetzt geschehen, und nicht erst, wenn die nächste Krise schon da ist. Wir müssen die derzeitige Situation als Geschenk verstehen.