Wo kommt Erfolg in Zeiten schwachen Wachstums her?

Wo kommt Erfolg in Zeiten schwachen Wachstums her?

Wer auf das Anziehen der Konjunktur wartet, wird es vergeblich tun. Er wird den Beginn einer neuen Ära verschlafen und es verpassen, selbst zum Wachstumsmotor zu werden und die eigene Konjunktur zu schaffen.

Ob es uns gefällt oder nicht: Wir werden uns in den entwickelten Regionen der Erde an geringes oder an gar kein Wachstum gewöhnen müssen. Wachstum im herkömmlichen umsatzbezogenen Sinne wird es in unserem Teil der Welt größtenteils nur noch in neuen Märkten und Geschäftsfeldern geben.

Ende einer Ära = Anfang einer Ära

Die Zeit ist zu Ende, in der materielle Märkte, wie etwa für Möbel, Kleidung oder Autos, als Wachstumstreiber dienten. Dass sich heute viele Menschen unter dem Begriff „Innovation“ nicht sehr viel mehr als die Miniaturausgabe oder die Energiesparvariante bereits existierender Dinge vorstellen können, aber nur noch begrenzt bereit sind, für diese „Neuauflagen“ viel Geld auszugeben, ist ein Indiz dafür, dass wir uns in vielen Märkten am Ende einer Ära befinden. Gerade hier langfristig auf neue Wachstumsschübe zu setzen, wäre riskant – oft riskanter, als sich der Erschließung neuer erfolgversprechender Geschäftsfelder zuzuwenden. Entscheidend ist, dass wir Phasen fehlenden Wachstums nicht als Anfang vom Ende, sondern als Signale dafür wahrnehmen, dass alte Konzepte überdacht, manchmal gar verworfen und neue Märkte entwickelt werden müssen.

Wachsen? Ja, aber anders

Mit einem langfristigen Blick auf die ZukunftDie Zukunft ist ein vielschichtiges Konzept und weitaus komplexer als gemeinhin angenommen: "die Zukunft" als vor uns liegende Zeit existiert nicht. So bietet es sich an, von der Zukunft im Plural zu sprechen. Der Begriff "Zukünfte" impliziert eine gewisse Offenheit und einen Mangel an Vorherhsehba... More der Menschheit müssen wir bekanntlich die Fixierung auf materielles Wachstum aufgeben. Die Erde wird zusätzlichen ein oder gar drei Milliarden Menschen mit dem heutigen Verständnis von „westlichem“ Lebensstil nicht die Ressourcen bieten. Wir überfordern sie schon längst. Wir brauchen heute in vielen Bereichen schon die Ressourcen von anderthalb Erden und in wenigen Jahrzehnten von drei Erden. Aber wir haben sie nicht. Man wird unsere heute noch praktizierte Wirtschaftsweise nur zum denkbar höchsten Preis der Vernichtung unserer Lebensgrundlagen auf Asien, Südamerika und Afrika übertragen können. Entweder müssen wir als Menschheit mit weniger zurechtkommen, oder wir müssen Wege finden, um unsere Lebensqualität zu halten oder zu steigern und dennoch weniger Ressourcen verbrauchen oder neue Ressourcen entdecken und erfinden.

Der Mensch wird das Streben nach Wachstum und Entwicklung kaum aufgeben. Viele Unternehmen werden auch in Zukunft konventionell wachsen. Ob das für die Brutto-Inlandsprodukte und die Volkseinkommen gelten wird, darf bezweifelt werden. Viel mehr Unternehmen als bisher werden daran scheitern, ihre Wachstumsambitionen zu verwirklichen. Den Gewinnern stehen mehr Verlierer entgegen. Wir dürfen hoffen, müssen aber einiges dafür tun, dass wir unseren Wohlstand im Ganzen sichern können. Ein wesentlicher Teil des zukünftigen Wachstums einzelner Unternehmen wird auf Lösungen der Ressourcenprobleme beruhen. Dies gilt für die materiellen Ressourcen in ähnlichem Maße wie für die „Ressource Mensch“. Burnout, ein moderner Name für die berufsbezogene Depression, ist zum Trend-Thema geworden. Tatsächlich ist ein zunehmender Teil der Menschen mit all der Komplexität, Beschleunigung und Optionsvielfalt so überfordert, dass die Lebensqualität offensichtlich leidet.

Wachstum wird daher in den entwickelten Wirtschaften künftig stärker in immateriellen Märkten generiert. Diese Tertiarisierung und Quartarisierung der Wirtschaft ist der große TrendIm allgemeinen Sprachgebrauch ist Trend einer der am häufigsten verwendeten Begriffe, wenn es um die Zukunft geht. Im unternehmerischen Zukunftsmanagement hat der Begriff eine klar definierte Bedeutung. Ein Trend beschreibt demnach kumulative, sich aus einer großen Zahl ähnlicher Entscheidungen u... More zu mehr Wertschöpfung in Dienstleistung und Wissensarbeit. Die materielle Produktion wird weiter an Bedeutung verlieren. In Zukunft könnte sogar eine „Quintisierung“ der Wirtschaft in Form emotionaler und geistiger Dienstleistungen zur Verbesserung der Lebensqualität ein bedeutender Bereich werden.

Damit derartige Branchen expandieren, ist die Sättigung materieller Märkte gewissermaßen eine Voraussetzung. Erst wenn die materiellen, durch „Dinge“ zu befriedigenden Bedürfnisse der Menschen im Großen und Ganzen befriedigt sind, können und werden sie sich mit höheren Bedürfnissen und Motiven befassen.

Menschen glücklich machen

Im Grunde vergrößert schon seit langem nicht der materielle, sondern der immaterielle Wohlstand unser Lebensglück. Der immer häufigere Wunsch nach Lärmreduktion, nach Vereinfachung technischer Geräte, nach Emissionsfreiheit, nach stärkerer Eigenverantwortung und Barrierefreiheit oder auch nach „Seelenfrieden“ sind prominente Beispiele dafür. Unternehmen müssen diese Wünsche als Chancen erkennen und sie nutzen, um sich selbst neu zu erfinden. Voraussetzung dafür ist, dass Unternehmen sich auf ihre eigentliche Funktion besinnen: Sie agieren nicht als Hersteller von Produkten oder Dienstleistungen, sondern als „Bereitsteller erwünschter Wirkungen“. Ein auf dieser Basis generiertes Wachstum ist dann in der Tat eines, das eine Gesellschaft auch „glücklicher“ macht und wirklich nachhaltig mit weniger statt mehr Ressourcenverbrauch erzielbar ist. Die zahlreichen Versuche, die volkswirtschaftliche Berechnung von Wohlstand zu verändern und Aspekte von „Glück“ zu integrieren, sind klare Indizien dafür, dass die neue Ära angebrochen ist.

Wer auf das Anziehen der Konjunktur wartet, wird es vergeblich tun. Er wird den Beginn dieser neuen Ära verschlafen. Er wird die ChanceEine Entwicklungschance ist eine hoch bewertete Zukunftschance, die noch nicht Teil der Zukunftsstrategie werden kann, da ihr Wert und ihre Machbarkeit noch unklar sind Beispiel: Wir könnten ein automatisches Wettbewerbsbeobachtungssystem einführen, wissen aber noch nicht, ob solche Systeme wir... More verpassen, selbst zum eigenen Wachstumsmotor zu werden und die eigene Konjunktur zu schaffen.