Ambient Assisted Living

Eigenständiges Altwerden mit Hightech

Im Herbst Jahr 2067 werde ich 100 Jahre alt. Ich hoffe, dieses Alter nicht nur zu erreichen, sondern es auch genießen zu können.

Dem 2012 vom United Nation Population Fund (UNFPA) vorgelegten Bericht „Altern im 21. Jahrhundert: Erfolg und Herausforderung“ zufolge werden im Jahr 2050 erstmals mehr ältere Menschen (über 60 Jahre) als junge Menschen (unter 15 Jahre) leben (1). Die Lebenserwartung steigt bis dahin wahrscheinlich um weitere sieben Jahre: Im Jahr 2050 geborene Mädchen werden durchschnittlich 89 Jahre alt, Jungen 85 Jahre. Heute leben auf der Erde etwa 320.000 Menschen, die 100 Jahre alt oder älter sind. In 2050 wird sich Prognosen zufolge deren Anzahl etwa verzehnfachen. Allein in Deutschland werden bis dahin 2,75 Millionen Menschen der Gruppe „90+“ angehören. Ich werde also kein Einzelfall sein. Und hoffentlich auch nicht alleine.

Raus aus den Heimen, hinein ins Leben

Wie die ZukunftDie Zukunft ist ein vielschichtiges Konzept und weitaus komplexer als gemeinhin angenommen: "die Zukunft" als vor uns liegende Zeit existiert nicht. So bietet es sich an, von der Zukunft im Plural zu sprechen. Der Begriff "Zukünfte" impliziert eine gewisse Offenheit und einen Mangel an Vorherhsehba... More des eigenständigen, aber gut versorgten Lebens im Alter aussehen kann, macht das US-Unternehmen N2Care schon heute anschaulich. Das Unternehmen hat mit „MedCottage“ ein kleines Gesundheitszentrum entwickelt, das an das Haus der pflegenden Familie angeschlossen werden kann. Ambient Assisted Living Technologien erleichtern die Pflege für alle Beteiligten:

Die Toilette misst das Gewicht einer Person und analysiert den Urin, Sensoren erkennen einen Sturz, ein Computer erinnert den Bewohner daran, seine Medizin zu nehmen. Trotz aller medizinischen Funktionen erinnert das Haus nicht an eine Pflegestation, sondern an ein normales und gemütliches Zuhause.

Im Gemeinschaftsprojekt „Digital Care Support Ambient Assisted Living-System“ zwischen dem Fachbereich Wirtschaft der Fachhochschule Brandenburg, der Berliner Charité, der TP Theorie&Praxis GmbH und der WebXells GmbH werden seit 2011 Lösungen für Demenzkranke entwickelt. Demenzkranke und deren Angehörige werden durch mobile und digitale Technologien unterstützt, wodurch die Lebensqualität der Erkrankten nachhaltig erhöht und die Belastungen der Pflegenden reduzieren werden sollen. Digital Care Support informiert die Betreuer demenzkranker Menschen, sobald sie ihre vorgesehene Route verlassen und ermöglicht es ihnen somit, ihre Mobilität zu bewahren. Es umfasst Ortungs- und Leitsystemen, Erinnerungs- und Alarmfunktionen sowie weitere Funktionen. Je nach Aufenthaltsort und Zeitpunkt sowie in Abhängigkeit vom Schweregrad der Demenzerkrankung werden in auditiver und visueller Form Hilfen für Demenzkranke bereitgestellt.

Aufwertung des Altwerdens

Die zunehmende Alterung bedeutet, dass alte Menschen und das Altern an sich immer stärker in den kulturellen und wirtschaftlichen Fokus rücken werden und sich auch in neu entstehenden und wachsenden „Altersmärkte“” widerspiegeln. Allein das Volumen des Pflegemarktes wird in Deutschland voraussichtlich von 33 Mrd. Euro (in 2011) auf 86 Mrd. Euro in 2050 wachsen (2). Und auch die technologische Entwicklung wird sich stärker auf die Bedürfnisse älterer und alter Menschen ausrichten (müssen). Seit einigen Jahren schon werden unter der Überschrift „Ambient Assisted Living (AAL)“ technische Assistenzsysteme entwickelt und eingesetzt, die es älteren Menschen ermöglichen, möglichst lange selbstbestimmt zu leben. Die intelligenten Umgebungen bedeuten einen Zugewinn an Sicherheit, Mobilität, Komfort und Unabhängigkeit. Neue Sensortechnologien und Telekommunikationsdienste helfen, Gesundheits- und Sicherheitsrisiken im häuslichen Umfeld zu minimieren. In den kommenden Jahren kann von einem schnellen Marktwachstum und einer breiteren Nutzung von AAL-Technologien ausgegangen werden. Frühe Durchbrüche sind vor allem in den Bereichen Telemedizin und Kommunikation erzielt zu erwarten. „Smart-Home“-Technologien werden immer breitere Anwendung finden. Sogar der Einsatz von Assistenz-Robotern ist absehbar, aber wohl erst für die Zeit nach 2020.

(1) http://www.unfpa.org/public/home/publications/pid/11584
(2) Studie „Pflegewirtschaft 2011: Wertschöpfung, Beschäftigung und fiskalische Effekte“, erstellt von Dr. Dominik H. Enste, Leiter des Kompetenzfeldes Institutionenökonomik im Institut der deutschen Wirtschaft, kurz zusammengefasst auf: http://www.paritaet-alsopfleg.de/index.php/pflegerische-versorgung/319-arbeitshilfen/1441-studie-pflegewirtschaft-2011-wertschoepfung-beschaeftigung-und-fiskalische-effekte